Integration durch Musik: Syrer trompetet mit Bläsergruppe

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In Damaskus leitete er eine Big Band, dann floh er vor dem Krieg nach Deutschland. Als neues Mitglied erobert Mohammed Alshalfon die Herzen der Neubrandenburger Stadtfanfaren.

Wenn die ersten Töne aus seiner Trompete erklingen, ist Mohammed Alshalfon selig. Dann kann er alles andere für einen Moment ausblenden: die Strapazen der Flucht, die ungewisse Zukunft als Flüchtling, die quälende Frage, wann seine Familie zu ihm kommen darf. Seit Mitte Januar musiziert der 36-Jährige Syrer als neues Mitglied bei den Stadtfanfaren in Neubrandenburg, inmitten der mecklenburgischen Seenplatte. Er ist froh, dass er nach zwei Jahren endlich wieder spielen kann.

Wie viele seiner Landsleute entfloh auch Mohammed Alshalfon den Kriegswirren seiner Heimat, vor vier Monaten erreichte er Deutschland. Seine Familie ist noch immer in Damaskus. Dort arbeitete er früher als Tontechniker fürs Fernsehen und Radio, leitete obendrein eine Big Band mit rund 70 Mitgliedern. Neben der Trompete spielt er außerdem Saxophon und Posaune.
„Mit seiner jazzigen Klangfarbe bringt er Swing in unsere Fanfarenkultur“, freut sich Jörg Goldacker, Vereinsvorsitzender der Neubrandenburger Stadtfanfaren. Er hat Mohammed Alshalfon bei einem Auftritt kennengelernt. „Ich habe vorher schon bemerkt, dass er uns eifrig fotografiert hat“, erzählt Jörg Goldacker. Nach dem Auftritt habe ihn der Syrer angesprochen, ob er mit ihnen musizieren dürfe. Goldacker stimmt sofort zu, er leiht dem jungen Mann sogar eine eigene Trompete.

“Wir freuen uns, dass wir zur Willkommenskultur beitragen können“

„Er war offensichtlich aufgeregt, als er das erste Mal zum Spielen ansetzte“, erzählt der Neubrandenburger. „Ich habe aber gleich gehört, dass er sehr qualifiziert ist.“ Seither proben sie zwei Mal die Woche zusammen. „Unser Vereins-Motto lautet: We will rock you! Wir freuen uns, dass die Stadtfanfaren etwas zur Willkommenskultur beitragen können“, sagt der Vereinsvorsitzende. Weil die Flüchtlingsunterkunft des Syrers in einem abgelegen Dorf ist und nur zwei Mal am Tag ein Bus fährt, holt Jörg Goldacker ihn vor den Proben ab und fährt ihn abends wieder zurück.

Seitdem er wieder eine Trompete hat, spielt Mohammed Alshalfon so oft er kann. Auch in seiner Unterkunft übe er täglich. Mittlerweile hat er schon weitere Flüchtlinge mit seiner Leidenschaft zur Musik angesteckt, die nun auch bei den Stadtfanfaren spielen wollen, zwei Flüchtlingskindern erteilt er seit kurzem regelmäßig Musikunterricht.

Wenn sein Aufenthalt genehmigt ist, möchte der Syrer in Neubrandenburg heimisch werden. Die Vereinsmitglieder der Stadtfanfaren haben ihn bei Behördengängen begleitet und es geschafft, für ihn eine Wohnung zu finden, unweit von den Proberäumen. Wenn alles gut geht, darf er Mitte März einziehen. Dann kann er Fuß zu den Proben gehen.

Foto: Neubrandenburger Stadtfanfaren