Gefährliche Späße über den Po von Bettina Wulff

Auf seiner Facebook-Seite beschimpfte der SPD-Spitzenbeamte Daniel Rousta die Liberalen als "FDPisser". Es war nicht seine erste Entgleisung: Auch Bettina Wulff war Rousta ein Eintrag wert.

Womöglich liegt die Neigung des baden-württembergischen Spitzenbeamten Daniel Rousta zur rhetorischen Derbheit ja in seinem früheren Job als Wahlkampfmanager begründet. Noch vor gar nicht langer Zeit kämpfte der Amtschef des Stuttgarter Wirtschaftsministeriums schließlich – noch als unvereidigter Normalbürger – dafür, die Südwest-Sozialdemokraten in den Landtag zu bringen.

Dabei durfte der frühere SPD-Netzwerker nach Herzenslust Gegner attackieren, das gewöhnt man sich offenkundig nicht leicht ab. Mag auch sein, dass die Offenheit in Zeiten von Piraten, Facebook & Co dem 38-Jährigen eine Art Schreibdurchfall bescherte.

Zum Debakel beigetragen hat zudem wohl eine Verweigerung Roustas in die Einsicht, dass Staatsbeamte bestimmte Pflichten und Beschränkungen haben.

Auf jeden Fall lieferte der Stuttgarter Ministerialdirektor seinem Chef, Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD), einen kleinen, aber schmerzhaften Skandal frei Haus. Er nannte die Liberalen auf Facebook nämlich "FDPisser", und das war nicht einmal sein erstes digitales Ausgleiten.

Am Tag des Rücktritts von Bundespräsident Christian Wulff hatte er ein Foto vom Hinterteil der in einen Hubschrauber kletternden First Lady gepostet, versehen mit dem Kommentar: "Es war nicht alles schlecht!" Und ein Plakat zur Volksabstimmung über Stuttgart 21 bewegte den Bahnhofsbefürworter zu der Anmerkung, er sinniere über folgende Megafondurchsage: "Bürrrger von Pfrrrondorrrff! Ihr könnt aus dem Bunkerrr kommen, der Krieg ist vorrrbei. Die Sparkasse tauscht Eure Reichsmark direkt in Euro."

Offenkundig kam der erst nach der Bildung von Grün-Rot vereidigte Rousta mit dem engen Korsett der Verwaltung nicht gut klar; es heißt, er habe sich über das Hilfsgesuch eines Bürgermeisters lustig gemacht, weil dieser "keine geeignete Schriftart" verwendet habe.

Auch den Vertriebenenverband traf es. Eine Einladung kommentierte Rousta mit den Worten, da habe er "garantiert einen anderen Termin – zur Not Zahnarzt".

Wie aus SPD-Kreisen verlautet, wird Finanzminister Schmid seinen Amtschef und Vertrauten wegen all dem sogar schassen. Zwar wartete Schmid erst einmal ab, weil Rousta noch mit einer Wirtschaftsdelegation in Russland unterwegs war. Doch gleich nach seiner Rückkehr muss der Freund sozialer Netzwerke bei Schmid zum Rapport antreten.

Jeder habe das Recht, erst einmal angehört zu werden, hieß es. Aus SPD-Kreisen verlautet jedoch aus diversen Richtungen, Rousta sei nicht mehr zu halten, und Schmid müsse aufpassen, dass das Ganze nicht auf ihn abfärbt.

Tatsächlich hätte der Finanzminister dann den ersten spektakulären Rauswurf in der grün-roten Landesregierung zu verantworten. Dabei läuft es bei dem Vize-Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg derzeit ohnehin nicht rund.

Nils Schmid schafft es einfach nicht, aus dem Schatten des hoch angesehenen Landesvaters Winfried Kretschmann (Grüne) zu treten. Gerade erst ist er bei seinem Einsatz, eine Schlecker-Auffanggesellschaft zu initiierten, gescheitert.

Kritisiert wird Schmid auch für seine bereits jetzt angekündigte Absicht, nach zwei Jahren ohne neue Schulden 2013/14 wieder Kredite aufzunehmen. Die von ihm protegierte Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer (SPD) fiel wiederholt durch Unkenntnis wesentlicher Fakten auf, und auch die von Schmid aus Berlin geholte Genossin Bilkay Öney ist als Integrationsministerin umstritten.

Der Aufruhr um Daniel Roustas "FDPisser"-Notiz dürfte wenig hilfreich sein, das Image von Schmid nachhaltig zu verbessern.

Der Ärger war losgebrochen, als Rousta auf seiner Facebook-Seite den Beitrag "Die FDP ist pleite" von Spiegel-Online mit den Worten kommentierte: "Netter kleiner ,shitstorm’, der da gerade über die FDPisser hereinbricht."

Dieser "Shitstorm" regnete dann aber auf Rousta selbst nieder – wobei der jüngst zum Anglizismus des Jahres 2011 ernannte Begriff gar nicht leicht in anständiges Deutsch zu übersetzen ist. Gemeint ist eigentlich eine Welle der Entrüstung im Internet, bei der sich Argumente mit Beleidigungen und Bedrohungen mischen. Rousta entschuldigte sich, als eben später.

Nils Schmid war wenig amüsiert, zumal Roustas offizielles Logo als "Ministerialdirektor im Ministerium für Wirtschaft und Finanzen Baden-Württemberg" samt Landeswappen im Profil auf der Facebook-Seite prangte.

Er missbillige die "privaten" Einträge Roustas ausdrücklich; sie seien "eines Beamten unangemessen". Ob er seinen früheren Wahlkampfleiter aus dem Amt wirft, ist noch nicht klar. Wenn der Ministerialdirektor am Samstag von einer Delegationsreise aus Russland zurückgekehrt sei, werde er mit ihm "sofort ein persönliches Gespräch über Konsequenzen aus diesem Fehlverhalten führen".

FDP-Chef Hans-Ulrich Rülke, der selbst für seine rhetorische Schärfe bekannt ist, ließ sich die Vorlage nicht entgehen. Rousta ziehe das Land "in den Dreck" und müsse weg: "Grün-Rot redet immer von Debatten-Kultur, Herr Rousta lässt aber mit seinen Äußerungen jeglichen Respekt vermissen. Der Ministerpräsident muss eingreifen, wenn der Finanzminister pöbelnde Spitzenbeamte duldet."

Wie sein CDU-Kollege Hauk warf Rülke der SPD zudem die "Versorgung" eines Parteigängers vor. Mit dem hochdotierten Posten habe Nils Schmid Rousta für seinen Einsatz als SPD-Wahlkampfleiter belohnt.

Rousta zählt zu den jüngsten Ministerialdirektoren Deutschlands und verdient 9800 Euro Grundgehalt. Normalerweise werden solche Posten mit Verwaltungsfachleuten besetzt, die jahrelange Erfahrung haben.

Der Tübinger Rechts- und Politikwissenschaftler war dagegen in Berlin lediglich Mitarbeiter mehrerer Bundestagsabgeordneter und Geschäftsführer des SPD-internen Netzwerks gewesen. Wie hoch Roustas Pensionsanspruch im Falle einer Ablösung wäre, ließ sich zunächst nicht klären.

Von Russland aus hat sich Rousta zwar entschuldigt, doch auch das reichlich flapsig. Er habe nach dem durch die FDP verursachten Scheitern der Schlecker-Transfergesellschaft seinem Ärger Luft machen wollen. "In dem einen Fall ist mir einfach der Gaul durchgegangen - Sorry, Herr Rülke, Sorry Liberale dieser Welt", schrieb er.