Filmkritik: "Ein Hologramm für den König" - Gefangen in der Warteschleife

Nach all dem Warten auf den, wegen dem er in Saudi Arabien ist, landet Alan irgendwann weit abseits der Küstenstadt Dschidda. Fasziniert von der Bergregion macht er ein Paar Schnappschüsse von Land und Tier, bis er von einem Autofahrer angesprochen wird. ‘Sie machen aber viele Fotos. Sie arbeiten wohl für die CIA oder so was’, fragt der Mann gutgelaunt. 'Nur ab und zu. Es ist kein Vollzeitjob’, gibt Alan fröhlich zur Antwort. Das Lachen vergeht ihm schnell angesichts der plötzlich versteinerten Miene des Arabers.

Alan Clay (Tom Hanks) ist ein Fremdkörper in der Welt, in die ihn der neue Film von Tykwer versetzt. Wie auch einiges andere in der Tragikomödie nach dem gleichnamigen Roman von Dave Eggers fremd und unwirklich anmutet. Adam ist als Vertreter einer US-amerikanischen IT-Firma nach Saudi Arabien gekommen. Hier will er dem saudischen König die neueste technologische Errungenschaft vorstellen: eine Kommunikationstechnik, mittels welcher der Gesprächspartner in Form eines 3D-Hologramms in den Raum projiziert wird. Praktisch ist das und zukunftsweisend. Das muss und wird gefallen.

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Warten auf den König
Den Erfolg des Unternehmens hat Alan bitter nötig. Nicht nur wird er von seinen Auftraggebern gegängelt. Als gescheiterter Unternehmer und geschiedener Ehemann will er auch sich, seiner Exfrau und seiner Tochter beweisen, dass er es noch drauf hat. So sehr er sich aber abmüht, den König zu treffen, so sehr wird das Vorhaben von dem Monarchen vereitelt. Egal, was Alan anstellt, das 'Hologramm für den König’, das er bereit ist zu präsentieren, findet einfach nicht seinen Abnehmer. Dass sich daran nicht so bald was ändern wird, das erkennt er durch die Begegnung mit der Mitarbeiterin (Sidse Babett Knudsen) einer dänischen Botschaft. Seit 18 Monaten würde sie bereits auf ein Meeting mit dem König warten, bisher vergebens.

Alan bleibt also nichts anderes als zu warten - und sich mit Land und Mensch vertraut zu machen. Der Zusammenprall der Kulturen, dem sich Tykwer ausgiebig widmet, ist eine der Stärken von “Ein Hologramm für den König”. Weil er tief blicken lässt in die jeweiligen Welten: die westliche, die von aufstrebenden asiatischen und arabischen Ländern in wirtschaftlichen und technologischen Fragen allmählich überholt wird; und die arabische mit ihren monumentalen Bauprojekten in der Wüste, bei denen man sich nur wundern kann, wie sie je realisiert werden können bei dem Mangel an Initiative.

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Und täglich grüßt das Nichts
Tykwers Filme leben von ihrer melancholischen Stimmung, in “Ein Hologramm für den König” ist das nicht anders. Die Welt, in die der Regisseur seinen Protagonisten geraten lässt, hat geradezu kafkaesk-absurde Züge. Alans Suche nach dem König gleicht der in Kafkas “Das Schloss”, sein Warten ist - lange Zeit zumindest - so sinnlos wie das Warten auf Godot und Katelbach. “Same as it ever was” singen die Talking Heads in ihrem Song “Once In A Lifetime”, den Tykwer nicht umsonst am Anfang in einer lustigen Szene zitiert. Alan lebt in einer Zeitschleife. In der Welt, in der er gefangen ist, und in seinem erstarrten Leben geht nichts voran, nichts führt zu einem Ergebnis, nichts hat ein Ziel.

Konsequent in der Schwebe lassen wollte Tykwer seinen Protagonisten dann aber doch nicht. Am Ende gibt er ihm den Sinn, für den es sich zu leben lohnt, und lässt er ihn eine Entscheidung treffen. Eine Ärztin, die Alan kennenlernt, entfernt ihm nicht nur das Geschwür am Rücken, sie lehrt ihn auch wieder zu lieben. Damit verwandelt sich “Ein Hologramm für den König” aber von einer surrealen, vielschichtigen Tragikomödie in eine Romanze, die nicht frei von Kitsch ist - auch wenn Tykwer ihr einige eindrückliche Bilder abgewinnen kann, kulturkritische aber auch poetische.

Kinostart: 28. April 2016

(Bilder: X Verleih)