Filmkritik: "Gods of Egypt" - Götter ohne Seele

Ideenbecken Antike

Mit “Dark City” und “The Crow - Die Krähe” hatte Alex Proyas seine künstlerische Handschrift einst gefunden. Düstere Geschichten, eingefangen in kunstvoll durchgestylten Bildern, waren das Markenzeichen des australischen Regisseurs, bevor er von Hollywood vereinnahmt wurde und mit Arbeiten wie “I, Robot” in den Mainstream abdriftete. In diesem Fahrwasser befindet sich Proyas nun auch mit seiner bisher aufwändigsten Produktion. “Gods of Egypt” wartet zwar mit effektvollen Schlachtszenen und spektakulären CGI-Effekten auf, verkommt aber letztlich zu einem uninspirierten und belanglosen Leinwand-Spektakel.

Proyas und seine Drehbuchautoren tun das, was in Hollywood längst gang und gäbe ist: sich im Fundus literarischer oder sonstiger Vorlagen bedienen, an welche die Drehbücher lose anknüpfen, um letztlich doch eine den Geist der Quelle ignorierende Geschichte um Gut gegen Böse zu erzählen. Im Fall von “Gods of Egypt” sind die Stoff-Sucher einmal mehr in der Antike, sprich: der ägyptischen Mythologie fündig geworden, von der sie letztlich kaum mehr übriggelassen haben als die Namen einiger ihrer prominentesten Protagonisten und die Grundzüge ihrer Konflikte.

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Großer Gott, kleiner Mensch

Im Mittelpunkt steht der überlebensgroße Kampf der Götter Horus (Nikolaj Coster-Waldau) und Set (Gerard Butler), in deren Schusslinie bald auch Normalsterbliche geraten. Es ist ein Motiv, das Hollywood derzeit gerne anpackt, man braucht sich nur die handelsüblichen Comicverfilmungen anschauen: Wenn zwei mit Superkräften ausgestattete Wesen sich streiten, gehört der allzu hinfällige Mensch zu den vielen Kollateralschäden.

Der ‘Krieg der Götter’ in Ägypten entbrennt mit Sets gewaltsamen Machtergreifung. Der Gott der Wüste ist es Leid, nur über Sand und noch mehr Sand zu herrschen, und beschließt kurzerhand, seinen Bruder Osiris (Bryan Brown) zu töten. Die Gründe: Um seine Macht über das ganze Land auszubreiten und aus Neid, wie man später erfährt. Denn Vater Ra (Geoffrey Rush), so sieht es Set, hatte Osiris viel lieber und stattete ihn mit allerlei Privilegien aus, während er eben mit der Wüste abgespeist wurde.

Man könnte an dieser Stelle das biblische Kain-und-Abel-Motiv bemühen, bei dem kulturellen Mischmasch von “Gods of Egypt” wäre das nicht abwegig. Das würde dem Fantasy-Spektakel jedoch einen Subtext bescheinigen, auf den es Proyas und Co. weniger abgesehen haben als auf eine gradlinig erzählte Geschichte, in der sich die Action- und CGI-Attraktionen wie die Perlen an einer Schnur reihen.

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Mit einem Auge nur halb so stark

Und davon gibt es im Verlauf der überlangen 130 Minuten reichlich zu sehen. Nachdem Set die Macht an sich gerissen hat, steckt er seinen Neffen Horus, den Gott des Himmels und legitimen Thronfolger, in einen Kerker. Nicht ohne diesem vorher die Augen herauszureißen und ihn so seiner göttlichen Kraft zu berauben. Hier kommt nun das tapfere und loyale Menschlein Bek (Brenton Thwaites) ins Spiel.

Der liebenswürdige Tagedieb ist so nett, dem gehandicapten Gott eines seiner Augen zu wiederzubeschaffen - um sich mit dem Einäugigen auf die Suche nach dem zweiten zu machen. Denn nur mit beiden Glubschern kann Horus wieder seine ganze Kraft entfalten und sich mit Set messen. Ganz selbstlos ist Bek bei dem gefährlichen Abenteuer allerdings nicht. Er will mit Hilfe Horus’ seine geliebte Zaya (Courtney Eaton) aus dem Reich der Toten befreien.

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Reise der Gefährten

Zugegeben, die Reise der beiden Gefährten hat tatsächlich Unterhaltungswert. Sie führt in eine Welt, die - dem Weltbild der ägyptischen Mythologie entsprechend - eine Scheibe ist und mit allerlei fantastischen Geschöpfen bevölkert ist. Anders als Proyas’ düstere Fantasy-Epen aus den 1990er Jahren erstrahlt das alte Ägypten in Bildern, die so lichterloh schimmern wie das goldene Blut der Götter.

Neben den optischen Schauwerten kommen Handlung und Charakterentwicklung allerdings zu kurz. Das auf das Zwischenmenschliche zielende Buddy-Motiv um Bek und Horus wirkt bemüht und die wenigen ruhigen und emotionalen Momente streifen ein ums andere Mal die Grenze des unfreiwillig Komischen. Die lauten und bunten Passagen dagegen, in denen Bek und Horus sich mit diversen Kreaturen anlegen, gehen auf Kosten des zentralen Konflikts zwischen den beiden Göttern. Und wenn das holprige Drehbuch dann doch wieder Set ins Geschehen eingreifen lässt, dann sehnt selbst der hartgesottenste Fantasy-Fan das erlösende Ende herbei.

Kinostart: 21. April 2016

(Bilder: Concorde Filmverleih)