Filmkritik: "Triple 9" - Düsteres Actionkino

Früher war alles so einfach. Sauber konnte man zum Beispiel das Kino vom Fernsehen trennen. Ersteres stand - zumindest in seiner Hollywood-Ausprägung - für aufwändig produzierte Mammut-Produktionen, in denen die Welt aus den Angeln gehoben und von dem Helden wieder an ihren Platz gehängt wurde. Letzteres setzte bei den fiktiven Stoffen vor allem auf das serielle Prinzip. Intrigen, Leidenschaften und Spannungsbögen spannten sich über mehrere Episoden und noch mehr Staffeln, und wenn man eine Folge verpasst hat, war man im Labyrinth der Geschichte verloren.

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Kino ist Serie, Serie ist Kino

Heute sind die Grenzen durchlässiger. Das Kino hat in Form von Sequels, Prequels, Reboots, Spin-offs und - der neueste Trend - ‘Cinematic Universes’ längst das Serienformat adaptiert. 'Spoiler-Alarm’, diesen inflationär gewordenen Begriff verwendet man auch und vor allem im Zusammenhang mit Kinoproduktionen. Das Fernsehen erfindet gerne Geschichten, die auf eine begrenzte Dauer festgelegt sind, erzählerisch auf ein Ende hin zusteuern und es auch in Sachen Produktionsaufwand und Anspruch locker mit dem Kino aufnehmen können. Manch einer neigt sogar zu der Behauptung, das Fernsehen sei heute das bessere Kino.

Auch personell lassen sich die beiden Welten nicht mehr so einfach voneinander trennen. Das Fernsehen gilt schon lange nicht mehr nur als Sprungbrett für eine Kinokarriere. Im Gegenteil, so mancher Regisseur und Schauspieler findet hier seine kreative Erfüllung. Steven Soderbergh (“The Knick”), David Fincher (“House of Cards”) sowie Anthony Hopkins (“Westworld”) und Kevin Spacey (”House of Cards”) sind nur einige Beispiele, die hier neu durchgestartet sind. Dagegen zehrt das Kino heute mehr denn je von den Talenten des Fernsehens. Bryan Cranston hätte wohl kaum einen Dalton Trumbo gespielt und auch nicht so bald eine Oscar-Nominierung erhalten, hätte er “Breaking Bad” nicht seinen Stempel aufgedrückt.

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Von Serien beeinflusst

An kaum einem anderen Spielfilm lässt sich die Wechselwirkung von Kino und Fernsehen besser beobachten als an “Triple 9”, der neuen Regiearbeit des australischen Filmemachers John Hillcoat (“The Proposition - Tödliches Angebot”, “The Road”). Der Action-Thriller um eine Polizeieinheit, die im Auftrag der Russen-Mafia Banküberfälle verübt, ist zwar stark vom Genre-Kino der New-Hollywood-Ära beeinflusst. Dicker aber sind die Stricke, die “Triple 9” an das Fernsehen binden. Nicht nur erinnern Mach- und Tonart des düsteren, um Verbrechen, Strafe und Korruption kreisenden Films an Kult-Serien wie “The Wire”, “Breaking Bad” und “True Detective”. Hillcoat fand hier auch einen Großteil seiner wunderbaren Besetzung, darunter Woody Harrelson und Aaron Paul, von deren Spielwucht der über weite Strecken packende Film seine Dynamik hat.

Kinostart: 5. Mai 2016

(Bilder: Wild Bunch)