Mach’s noch einmal, Hollywood

Man muss das Rad nicht unbedingt neu erfinden, um erfolgreich zu sein. Manchmal reicht schon ein neuer Anstrich, ein kleines Face Lifting, um das eine oder andere Film-Franchise zu einer gigantischen Gelddruckmaschine zu machen


Reboots, Remakes, Prequels, Sequels, Spin-offs – aus Mangel an innovativen Ideen bedient sich Hollywood gerade in letzter Zeit vorzugsweise seiner eigenen Geschichten, erzählt sie entweder einfach noch einmal oder erfindet irgendwelche Handlungen drum herum. Das mag auf den ersten Blick wenig originell erscheinen, hat aber durchaus Methode und führt auch in den meisten Fällen zum Erfolg.

So geschehen im Jahr 2005, als “Memento”-Meisterregisseur Christopher Nolan dem guten alten Batman eine bemerkenswerte Frischzellenkur verpasste. “Batman Begins” entpuppte sich als packende Psychostudie eines gebrochenen Superhelden und kam bei der Kritik ebenso an wie beim Publikum. Ein wahrer Könner, wenn es darum geht, über Jahre erfolgreich etablierten Marken neues Leben einzuhauchen, ist J.J. Abrams.

Der Macher der Kultserie “Lost” lieferte 2009 mit “Star Trek” ein wahrlich spektakuläres Reboot ab. Dabei erzählt er mit großartigen Schauspielern von den jungen Jahren von Kirk (Chris Pine), Spock (Zachary Quinto), Pille (Karl Urban) und Co. Übrigens: Abrams ist Wiederholungstäter. 2013 lieferte er mit “Star Trek Into Darkness” eine nicht weniger gelungene Fortsetzung um die Abenteuer der neuen Enterprise-Crew ab, nur um zwei Jahre später zum intergalaktischen Konkurrenten zu wechseln: 2015 sorgte er mit “Star Wars: Das Erwachen der Macht” für das Kinoereignis schlechthin und für ein Wiedersehen mit den alten Sternenkriegern um Luke Skywalker, Han Solo und Leia Organa.

Als bloße Fortsetzung gehört “Das Erwachen der Macht” eigentlich nicht hier her. Dennoch hat George Lucas, das Mastermind hinter der Weltraumsaga, mit seinen “Star Wars”-Prequels entscheidend zur Entwicklung dieser Art des Filmemachens beigetragen. Sage und schreibe 16 Jahre nach “Die Rückkehr der Jedi-Ritter”, dem damals mutmaßlich letzten Teil der Trilogie, gelang es ihm 1999 mit “Star Wars: Episode 1- Die dunkle Bedrohung” sein Universum noch einmal neu zu erfinden. Zwei weitere Filme folgten, inzwischen wird bereits der insgesamt achte Teil gedreht, Regie führt – einmal mehr – J.J. Abrams!

Aus dünnem Buch mach drei große Epen

Wenn es um das Inszenieren der Vorgeschichte einer bereits bekannten Handlung geht, dann gehört auch Peter Jackson zu den ganz cleveren Kerlchen. Der Australier hatte sich Anfang des Millenniums mit der “Herr der Ringe”-Trilogie unsterblich gemacht.

Als er dann verkündete, er würde aus Tolkiens nur knapp 400 Seiten starken Büchlein “Der Hobbit”, dessen Handlung vor “Der Herr der Ringe” spielt, ebenfalls drei Filme machen, mochte das niemand so recht glauben. Er tat es dennoch, und auch wenn “Eine unerwartete Reise”, “Smaugs Einöde” und “Die Schlacht der fünf Heere” längst nicht so viel Kinokasse machten wie ihre Vorgänger, so konnte Jackson vor allem in technischer Hinsicht noch einen drauf packen, indem er erstmals 3D einsetzte und seine “Hobbit”-Filme mit 48 statt der üblichen 24 Bilder pro Sekunde drehte.

Gute Prequels sind außerdem “Casino Royale”, in dem Daniel Craig als James Bond am Beginn seiner Agententätigkeit steht, und “Hannibal Rising - Wie alles begann”, in der die aus “Das Schweigen der Lämmer” und “Hannibal” bekannte Figur als junger Mann gezeigt wird. Weniger gelungen dagegen “Texas Chainsaw Massacre: The Beginning”, der vor allem auf blutiges Gemetzel setzt und nicht gerade für eine Renaissance des Horror-Klassiker sorgte.

Sensationeller Spin-off-Held: “Deadpool”

Ein wahres Phänomen auf dem Gebiet der Prequels, Reboots und Spin-offs stellt die “X-Men”-Reihe dar. Davon gibt es mittlerweile neun Filme, zwei weitere sind in Vorbereitung. Nach den ersten drei “normalen” Actionabenteuern wurden die Macher immer erfinderischer. Erst bekam der von Hugh Jackman gespielte Wolverine einen eigenen Film – inzwischen ist der dritte in Planung, dann kam es mit “X-Men: Erste Entscheidung” zu einem Reboot und schließlich in “X-Men: Zukunft ist Vergangenheit” zu einem Aufeinandertreffen der jungen und alten Superhelden-Generationen. Und gerade feiert ein weiteres Spin-off im Kino einen gigantischen Erfolg in unseren Kinos:

Die bitterböse Satire “Deadpool” mit Ryan Reynolds, der diesen Charakter bereits in “X-Men Origins: Wolverine” verkörpert hatte.

Bisher waren Spin-Offs meist aus dem Fernsehen bekannt. Kam eine bestimmte Figur in einer Serie besonders gut an, erhielt sie ein eigenes Format, so geschehen bei “Private Practice”, einem Ableger von “Grey’s Anatomy”,“Star Trek: Deep Space Nine”, einem Ableger von “Raumschiff Enterprise” oder “Criminal Intent - Verbrechen im Visier” (von “Law & Order”). Diese Spielart dürfte sich in Zukunft auf das Kino ausweiten. Vorreiter ist hier einmal mehr George Lucas. Er bringt mit “Star Wars: Rogue One” Ende dieses Jahres nicht nur das erste Spin-off seiner Sternen-Saga in die Kinos, auch Han Solo wird seinen eigenen Film bekommen. In diesem Zusammenhang darf natürlich eines der erfolgreichsten Kino-Franchises aller Zeiten nicht fehlen: Harry Potter. Beim Spin-off “Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind”, der ebenfalls noch in diesem Jahr anläuft, hat Bestseller-Autorin Joanne K. Rowling höchstpersönlich das Drehbuch beigesteuert.

Damit scheint zumindest eines klar zu sein: Das klassische Remake hat ausgedient – was auch einige Flops der letzten Zeit belegen: “Point Break”, erst im Januar gestartet, lockte hierzulande nicht einmal 100.000 Besucher in die Kinos, ähnlich schlecht schnitten “Footloose” und “Poltergeist” ab. Und auch “Robocop”, “Verblendung” und “Total Recall” blieben hinter den Erwartungen zurück.

Fotos: ddp

Autor: Thomas Lassonczyk